Euklids Elemente sowie die Bearbeitungen von Byrne und Rogeux
© Nicholas Rougeux
News, Nov 2022

VdM #5 – Euklids Elemente

Euklids Elemente – im Jahr 1847 und heute

Das Werk Elemente des griechischen Mathematikers Euklid gilt als eines der bekanntesten und erfolgreichsten Lehrbücher aller Zeiten. Lange waren die verschiedenen Ausgaben, Übersetzungen und Bearbeitungen sogar die am meisten verkauften Werke der Welt nach der Bibel. Zwei Bearbeitungen haben wir als unsere Visualisierung des Monats #5 ausgewählt.

Byrnes Euklid aus dem Jahr 1847

Im Jahr 1847 erschien Oliver Byrnes The first six books of the Elements of Euclid. Die Bearbeitung des irischen Mathematikers zeichnet sich durch eine für seine Zeit einzigartige Verwendung von farbigen Illustration aus. Er nutzt diese anstelle von Buchstaben zur Kennzeichnung von Winkeln, Kanten und Formen, um die von Euklid angeführten Beweise zu veranschaulichen. Dabei verwendet er einen Farb- und Formenkanon aus kontrastreichen Primärfarben und geometrischen Grundformen. Dieser wird später durch die Stilrichtung des Neoplastizismus in der Malerei geprägt, wie zum Beispiel von Piet Mondrian. Das Werk spricht somit heute insbesondere kunst- und designaffine Zielgruppen an, wenngleich die ursprüngliche Intention eine andere war.

Gleichzeitig ist das Werk aus didaktischer Sicht interessant. Byrne unternimmt hier den Versuch das Abstrakte, die Buchstaben, in etwas Konkretes, die geometrischen Figuren, zu übersetzen. Anstatt Winkel nur zu nennen zeigt er sie auch. Auf diese Weise will er das Verständnis beim Lernenden fördern. Und auch aus Kommunikationssicht ist Byrnes Euklid bedeutend. Er schafft hier eine Visualisierung, die für die damalige Zeit neu- und einzigartig ist.

Die Online-Revision von Nicholas Rougeux

Der Designer Nicholas Rougeux aus Chicago hat nun Byrnes Euklid in eine digitale Anwendung übersetzt. Dadurch macht er sie einer noch größeren Öffentlichkeit zugänglich. Querverweise zwischen Büchern und Kapiteln sowie eine effiziente Navigation erleichtern es den Nutzerinnen und Nutzern, die Inhalte zu erfassen. Rougeux ergänzt die Diagramme durch Interaktivität: Formen sowie dazugehörige Textstellen können ausgewählt und hervorgehoben werden. So unterstützt er Byrnes Intention der Verständnisförderung.

Zudem verwendet die Online-Version vollständig digital nachgezeichnete Abbildungen. Rougeux vermeidet so eventuelle Qualitätsverluste durch Reproduktion des Originals. Gleichzeitig schafft er Interaktivität durch Möglichkeiten des Mediums und erlaubt eine Mehrfachnutzung der Zeichnungen in unterschiedlichen Kontexten.

Schnittmenge zwischen Kunst, Wissenschaft und Didaktik

Besonders interessant für das KielSCN ist die Verortung von Byrnes Werk in der Schnittmenge zwischen Kunst, Wissenschaft und Didaktik. Das zeigt unter anderem die Rezeption des Werkes.

Beide Bearbeitungen haben außerdem vielfache Einsatzmöglichkeiten. So findet sich Byrnes Euklid beispielweise im Science Museum in London, wurde aber auch schon bei Ausstellungen für Künstlerbücher präsentiert. Auch darin zeigt sich, dass die Arbeit äquivalenten Einfluss auf die Bereiche Wissenschaft und Kunst beziehungsweise Design ausgeübt hat und nach wie vor ausübt.

Die Besonderheit bei Rougeux ist, dass er die Buchform in ein digitales Medium überträgt. Entscheidend ist hierbei, dass er Text und Bild nicht einfach auf herkömmliche Weise digitalisiert, sondern die Arbeit mediengerecht aufbereitet und sogar erweitert.

Euklids Elemente, Byrnes Euklid und die Revision von Rougeux selbst entdecken

Alle Werke stehen in Online-Versionen kostenlos zur Verfügung:

Alle Bilder © Nicholas Rougeux

Über die Visualisierung des Monats

In der Serie „Visualisierung des Monats“ stellen wir jeweils am zweiten Mittwoch des Monats eine herausragende Visualisierung vor. Ein Kriterium bei der Auswahl ist, inwieweit diese aus Design-Perspektive ästhetisch und emotional ansprechend ist. Außerdem schauen wir uns den Informationsgehalt an. Dazu gehört auch, wie die Nutzerinnen und Nutzer der Visualisierung dabei unterstützt werden, komplexe Zusammenhänge besser zu verstehen. Die Auswahl erfolgt innerhalb des KielSCN-Teams und bezieht das Fachwissen aus den Bereichen Informationdesign, Bildungswissenschaften und Emotionsforschung sowie der Wissenschaftskommunikationsforschung ein.


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